Lanzarote

Lanzarote: Liebesbrief an eine kleine Kanareninsel

13. September 2024

Katie Bowman, Autorin des Family Traveller Magazine, hat eine Lebensliebe: Lanzarote. Sie hat die ganze Welt bereist, und doch landet sie immer wieder auf dieser kleinen, rauen Kanareninsel. Und das sind die Gründe dafür. 

Der Kaktusgarten von César Manrique

Die Frage, die mir als Reisejournalistin immer wieder gestellt wird? Bei Partys, beim Friseur und sogar bei den Elternabenden meiner Kinder? „Wohin fährst du eigentlich in den Urlaub?“ Mit meiner Antwort rechnen die wenigsten – im Gegenteil, oft ziehen meine Gegenüber die Augenbrauen hoch und erwidern ein fast schon enttäuschtes „Ach, wirklich?“. Denn die Reise, die ich seit fast zwanzig Jahren fast jedes Jahr mache – mit Kindern oder ohne – geht nach: Lanzarote. Auf die Kanarischen Inseln.

Insgeheim freue ich mich über die Reaktion der Leute, denn meist bedeutet das, dass sie selbst noch nie dort waren. Wahrscheinlich, weil die Insel einen schlechten Ruf hat und sie sie deswegen meiden. Das ist gar nicht so schlecht, denn so haben meine Familie und ich mehr Platz, um uns an den spektakulären goldenen Sandstränden von Lanzarote auszubreiten. Und die Chancen, einen Tisch am Wasser zu ergattern, an dem wir riesige Langustinen und eine Flasche trockenen Weißwein aus der Lava genießen können, sind viel größer.

In Arrecife sucht man Hochhäuser vergeblich.

Lanzarote ist nicht die Kanarische Insel, die du dir vorstellst

Lanzarote ist eines dieser Pauschalreiseziele mit Hochhäusern, die sich am Strand aneinanderreihen? So stellen sich viele alle Kanarischen Inseln vor – und bei manchen ist das nach dem Bau-Boom der 1960er- und 70er-Jahre leider auch richtig. Doch auf Lanzarote: weit gefehlt! Dafür verantwortlich ist César Manrique, der weltbekannte Künstler (ein Zeitgenosse von Andy Warhol) und Architekt, der von der Insel im Atlantik stammt. Dank seiner Vision ist die Skyline von Lanzarote unaufdringlich und stilvoll, ein bisschen so wie schon immer, aber trotzdem modern genug.

Der Legende nach sah Manrique, was mit den anderen Kanarischen Inseln geschah – und eilte aus New York nach Hause, um die Planer zu warnen. Sie hörten auf ihn, arbeiteten mit Manrique zusammen und legten kluge Bauvorschriften für Lanzarote fest. Wichtigstes Gebot: Kein neues Gebäude durfte höher sein als eine Palme. Außerdem mussten die Häuser weiß getüncht sein. Und alle Fensterläden wurden entweder blau, grün oder braun gestrichen – je nachdem, ob sie zum Meer, zu den Bäumen oder zu den Bergen zeigten.

Jameos Del Agua auf Lanzarote.

Hier verbringst du Zeit in der wunderbaren Welt von César Manrique

Manriques außergewöhnliche Windskulpturen findest du überall auf der Insel, hier an einem Kreisverkehr, dort an einer Ampel. Die ganze Insel ist bis heute eine fabelhafte, lebendige, atmende Kunstgalerie. Und ihre Bewohner – oft selbst Künstler – möchten, dass dies auch so bleibt.

Ein perfektes Beispiel dafür sind die Jameos del Agua, ein tolles Ausflugsziel für Kinder und Erwachsene. Diese unterirdischen Lavahöhlen waren verlassen, bis Manrique das magische unterirdische Netzwerk in ein Auditorium, ein Restaurant und Gärten rund um einen bezaubernden smaragdgrünen See verwandelte. Dieser mit Meerwasser gefüllte See ist die Heimat eines besonderen Lebewesens: Ein kleiner blinder Albino-Krebs lebt in dem Wasser, sonst ist er nur in Tiefen von mehr als 2000 Metern zu finden. Die Kinder können hier witzige Fotos aus schrägen Winkeln machen – und in der Saison kann man Musik in einem der coolsten Konzerträume Spaniens hören.

Das Projekt, dass dem Künstler Manrique besonders am Herzen lag, war das letzte, das fertiggestellt wurde – und das erste, über das er nachgedacht hatte: der Jardin de Cactus, der Kaktusgarten. Einst war der Ort, an dem heute mehr als 4000 Sukkulenten aus aller Welt wachsen, ein Steinbruch und dann ein Schrottplatz. Angeordnet wurden die Pflanzen wie in einem Gemälde, Manrique überließ nichts dem Zufall. 

Ich gehe übrigens mit meiner Tochter gern ins Lagomar, ein kitschiges, aber cooles Haus, das in ein Café und eine Galerie umgewandelt wurde. Angeblich hat Manrique das Haus für den Schauspieler Omar Sharif entworfen, der sich in Lanzarote verliebte, nachdem er dort einen Film gedreht hatte. Doch Sharif, leidenschaftlicher Kartenspieler, verlor das Haus bei einer Partie Bridge, bevor er es bewohnte – so erzählt man sich hier zumindest die Geschichte.

Wein wächst auf Lanzarote in den Lavafeldern.

Blauer Himmel und 300 Sonnentage im Jahr

Aber der eigentliche Grund, warum ich fast jedes Jahr nach Lanzarote zurückkehre, ist nicht die Kunstszene – sondern das fabelhafte Wetter. Ich habe Lanzarote in fast jedem Monat des Jahres besucht und kann bestätigen, dass sie eine sichere Bank für ein paar sonnige und warme Tage ist. Die Lage der spanischen Insel vor der Sahara in Nordafrika macht es möglich.

Die Strände sind, entgegen mancher Vorurteile, sandig und fein – und nur an einigen Stellen schwarz und felsig. Wer Windsurfen will, geht an die stürmische Küste im schönen Nordwesten. Wenn du auf der Suche nach einer Surfschule für dich und den Nachwuchs sucht, wirst du am besten in der Umgebung von Famara fündig.

Von wegen es gibt nur schwarze Strände – Lanzarote hat jede Menge goldener Strände zu bieten.

Suche dir einfach den schönsten Strand aus

Meine Lieblingsstrände befinden sich in Papagayo, im Nationalpark Los Ajaches. Ein paar Euro muss man bezahlen, um das geschützte Küstengebiet zu betreten. Das reicht offensichtlich aus, um Touristen abzuschrecken – und sorgt dafür, dass die feinen Strände nicht überlaufen sind.

Um die herrlich hellen Papagayo-Strände zu erreichen, muss man mehrere Kilometer über eine Schotterpiste fahren. Aber jedes Schlagloch und jede Erschütterung sind es wert, denn das Ziel ist wirklich paradiesisch. Achtung: Wenn du Kinderbespaßung, Restaurants und Halligalli am Strand suchst, dann bist du hier falsch. Am Playa del Papagayo, dem berühmtesten der sieben Strände des Parks, gibt es ein nettes Klippencafé und öffentliche Toiletten. Der Strand hier ist die beste Wahl für Familien mit kleineren Kindern. 

Wenn du lieber einen Strand mit mehr Infrastruktur, als Bars, Eisdielen und Restaurants, haben möchtest, ist die Playa Blanca der richtige Ort. Lanzarote hat drei große Feriengebiete, und Playa Blanca ist der ruhigste und schönste davon. Fischrestaurants säumen die Promenade, am Strand gibt es chillige Beach Clubs. In Richtung Osten, bis nach Marina Rubicón, geht es etwas ruhiger zu.

Der mittelalterliche Marktplatz in Teguise auf Lanzarote.

Lanzarote bringt Karnevalsstimmung auf die Kanaren

Ihr sucht nach einem kinderfreundlichen Tagesausflug? Dann macht euch auf zum Sonntagsmarkt nach Teguise, der schönen alten Hauptstadt Lanzarotes. Hier können die Kinder ein paar Kleinigkeiten an den Marktständen erstehen – doch es gibt auch wunderschöne Boutiquen in den Seitenstraßen, in denen Kunsthandwerker Ledertaschen und handgefertigten Schmuck anbieten. Mein bester Kauf: Ein Ölgemälde auf einem alten Stück Bootsholz, das ich vor Jahren in Teguise gekauft habe. Es bringt mich bis heute jedes Mal zum Lächeln, wenn ich daran vorbegehe. 

Anders als die Balearen sind die Kanaren stark lateinamerikanisch geprägt. Christoph Kolumbus begründete die enge Beziehung zwischen den Inseln und Venezuela sowie Kuba und Hispaniola, als er auf seinen Reisen Seeleute anheuerte. Daher ist Lanzarote eine Insel, auf der man ausgezeichnete Tapas, aber ebenso gutes Churrasco-Steak essen kann. Auf den Straßen wird Flamenco getanzt, aber auch Salsa und Tango. Der Karneval, der im Februar auf der Insel gefeiert wird, ist einer der ausgelassensten außerhalb Südamerikas.

Apropos Essen: Lanzarote hat die perfekte Mischung aus ungewöhnlichen Gerichten, die auch Kinder lieben – so dass man nicht automatisch zu Pommes und Kinderschnitzel greifen muss. Die Lieblingsspeise meiner Tochter sind Papas Arugadas oder Runzelkartoffeln: winzige Bratlinge mit Schale, die mit Salz von der Insel bestreut werden. Oder es gibt ropa vieja, ‚alte Kleidung‘. Dieser langsam gekochte Eintopf aus Rindfleischresten ist so zart, dass die Kinder das darin versteckte Gemüse gar nicht bemerken werden.

Die Fahrt nach El Golfo ist ein bisschen abenteuerlich.

Nicht verpassen: El Golfo und die kurvenreiche Straße durch den Vulkanstein

Ein Ausflug, den wir immer machen, ist El Golfo. Die Hauptattraktion aber lassen wir aus: Das ist der neongrünen Mineralsee, der aussieht wie aus einem alten Dr.-Who-Film, aber den haben wir schon oft genug gesehen. Wieso fahren wir dann immernoch hin? Die Fahrt entlang der kurvenreichen Straße, die sich durch riesige schwarze Vulkanfelsen schlängelt und manchmal kurz einen Blick auf das Meer freigibt, ist einfach zu schön.

Wenn ihr an einer Haltebucht stehenbleibt, werdet ihr wahrscheinlich ein bisschen Meerwasser abkriegen – so aufgewühlt kann das Wasser hier sein. (Haltet kleinere Kinder vom Ufer fern!). Wenn wir in El Golfo ankommen, können wir aus einer ganzen Reihe hervorragender Fischrestaurants wählen – die sind wahrscheinlich alle hier, um die Ausflügler zu versorgen, die den See sehen wollen. Wir gehen spät zum Mittagessen, um den Menschenmassen in den Ferien zu entgehen. Langsam wird es dann Abend, während Teller mit Jamon Iberico, Croquetas und gegrillter Seebrasse kommen und gehen…

Habe ich dich schon überzeugt? Hast du dich auch schon in Lanzarote verliebt, so wie ich vor 19 Jahren, als ich das erste Mal dort war? Ein Teil von mir hofft es, ein Teil von mir nicht. Wenn du es mit deiner Familie auf die Insel schaffst und dich auch verguckst, lass es uns wissen. Sonst sag es aber bitte nicht weiter, ok?

Plane deinen Urlaub mit der Familie auf Lanzarote

Lanzarote ist die östlichste der Kanarischen Inseln, die näher am afrikanischen Kontinent als an Spanien liegen. 300 Tage im Jahr scheint auf Lanzarote die Sonne – mindestens.

So kommst du hin

Urlaub auf Lanzarote kannst du pauschal über verschiedene Reiseanbieter buchen oder direkt. Fluggesellschaften wie Condor Eurowings fliegen mehrmals die Woche von verschiedenen Flughäfen in Deutschland. Die Flugzeit beträgt zwischen vier und fünf Stunden.